Ludwig Rauch – Nothing true at all

Ausstellungsdauer: 30.04.2016 – 12.06.2016


Nothing true at all
Irgendetwas muss an dem Schaf gewesen sein, oder vielleicht nur an der
Art, wie es einen angesehen hat. Diese Frauen, die tanzen so fröhlich,
aber ist das Rot ihrer Kleider Blut oder Liebe? Und wo sind ihre Köpfe?
Dieser dunkle Blick, dieser Wald aus Glück, wandernde Pflanzen, die
plötzlich Gesichter haben und damit eine Seele. An was werden wir
einmal denken, wenn das hier vorbei ist, woran werden wir uns erinnern?
Wovon werden wir träumen?

Es sind fotografische Fragmente von Ländern, Gesichtern, Körpern,
Strukturen, die Ludwig Rauch aus aller Welt mitgebracht und zu Bildern
komponiert hat. Es sind Situationen, Räume, Athmosphären, die in ihre
Einzelteile zerbrechen, und plötzlich ein Eigenleben führen, eine eigene
Geschichte erzählen oder einfach nur die Wirklichkeit Lügen strafen.
Wir kennen diese Bilder, aber wir erkennen sie nicht gleich. Doch nichts
von alledem ist erfunden.

„Nothing true at all“ überschreitet Grenzen – die Grenzen des Mediums
der Fotografie, die hier wie Malerei wirkt, die Grenzen der Logik, und
die Grenzen des ewigen Kreislaufs von Ursache und Wirkung. Ludwig
Rauchs Bilder sind Wunderwelten, schwerelos, multidimensional,
sinnlich, beängstigend und fröhlich zugleich. Die Wahrheit dieser Bilder
besteht nicht in klaren Formen oder festen Körpern. Ihre Wahrheit sind
die Gefühle, die Erinnerungen, die Visionen, auch die Ängste eines
Moments, die Freuden einer Sekunde, das Glück und das Unglück, das
sich in unserer Seele vermischt. Es dürfte kein Zufall sein, dass in Zeiten
wie diesen ein Bild wie das vom Berliner Teufelsberg in „Somebody you
know is a threat“ neue Gestalt annimmt, und die Bedrohlichkeit und
gleichzeitige Verspieltheit entspricht unser aller Fragen, ob das Abfangen
unserer Gedanken nun der Anfang oder das Ende unserer Freiheit ist.
Furcht und Schönheit liegen in diesen Bildern nah beieinander, auch
Komik, Klage und Zerrissenheit. Ludwig Rauchs neue Bilder sind wie
visualisierte Neuronengewitter, die die Tage, die Jahre, die unsere Zeit
verarbeiten, all die vielen Bruchstücke von Bildern, Informationen,
Farben, Gefühlen aus einer Wirklichkeit, die nur so tut, als wäre sie
logisch, stringent und kalkulierbar.

– Frauke Hunfeld

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oben / Projektraum:
Phillip Langer
30.04.-12.06. 2016

Geboren in Potsdam, studiert an der Universität der Künste in Berlin freie Kunst. Mitbegründer des Potsdamer Künstlerkollektiv Laboratorium. Seine Einstellung zum Leben, die Suche nach Identität, Konsumkritik und die Absurdität mancher gesellschaftlicher Entwicklungen prägen seine Sprache, die Kunst, die Malerei, auch wenn er diese schon infrage gestellt hat.
Wie kann ich konsumkritische Kunst machen? Wie kann ich nachhaltig Kunst machen?
Was für einen Wert für die Debatte um den Konsum hat ein Werk, das jemand kauft, um es sich an die Wand zu hängen?
Diese Fragen scheinen ihn angetrieben zu haben, als er sich über ein Jahr lang damit beschäftigt hat, alte Malereien zu zerreißen und neues Papier daraus zu schöpfen. Er hat sich an der Tatsache, dass mappenweise Kunstwerke unter dem Bett liegen, so sehr gerieben, dass er sich überwunden hat, das Alte loszulassen. Es ist ihm dabei gelungen, neue Werke zu schaffen, die bei ihm und auch beim unbedarften Betrachter gemischte Gefühle auslösen. Alte Zeichnungen blitzen aus dem kollagenartigen Papier hervor, wie Erinnerungen, die erst im Gespräch mit langjährigen Freunden wieder aufkommen. Gleichzeitig zeigen sie einen Weg nach vorne. Heraus aus der Vergangenheit und mit dem Erlebten im Gedächtnis rein in die Zukunft. Aktuell hat er sich vorgenommen, über ein Jahr Bilder aus den einschlägigen Medien festzuhalten/mitzuschneiden/zu dokumentieren/zu archivieren. Die Informationsflut, die jeden Tag auf allen Kanälen auf uns einprasselt, ob wir es wollen oder nicht, zieht Langer in Form von aktuellen Nachrichtenbildern heraus und zeichnet eines jeden Tag auf eine Holztafel. In dieser Arbeit zeigt sich der Zwiespalt auf den Phillip Langer immer wieder zu stoßen scheint, denn er macht genau das, was er eigentlich kritisiert. Er sitzt stundenlang vor dem Bildschirm und übernimmt, was ihm vorgesetzt wird.
Große Papierbögen, die er knickt, knüllt, reißt, nässt, übermalt oder gar verbrennt und mit Graphit, Kohle oder Tinte auf abstrakte Weise bemalt hat. Er experimentiert damit, es entstehen teilweise raue, schmerzende als auch zärtliche und stille Bildräume, fragmentarische Landschaften. Er sieht die Arbeiten nicht nur an Wänden, er hängt die Papiere quer durch den Raum. Im Licht, das seinen Weg durch sie hindurch findet, eröffnet sich anhand der beidseitigen Betrachtung wieder ein neuer Bildraum. Auch, so scheint es, verlieren die Arbeiten ihre Zweidimensionalität.


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