ORANGE

5. August, 19 Uhr
Eröffnung mit Joachim Sartorius und Gerhard Steidl im Gespräch über Orhan Pamuk als Fotograf

Die Ausstellung ist bis zum 9. August jeweils von 13.00 bis 18.00 zu sehen.

Die vorherrschende Farbe in Orhan Pamuks neuem Fotobuch ist Orange. Wenn der Literaturnobelpreisträger die tägliche Schreibarbeit beendet hat, nimmt er seine Kamera und durchstreift die verschiedenen Viertel seiner Heimatstadt Istanbul. Häufig erkundet er die abgelegenen Gassen, in die sich keine Touristen verirren, Orte, die vernachlässigt und vergessen scheinen, in ein ganz bestimmtes Licht getaucht. Es ist das orange Licht von Straßenlampen und aus Häusern, das Orhan Pamuk so gut aus seiner Kindheit in Istanbul kennt. Doch das vertraute, warme Licht verschwindet. Moderne, billige Leuchtmittel haben Einzug gehalten und nachts leuchtet es zunehmend eisig-weiß aus den Fenstern. Die Lichter der Nacht haben sich so schleichend und beinahe unmerklich verändert wie die sozialen Strukturen der ganzen Stadt. Über Jahrzehnte hat Orhan Pamuk die nächtliche Stadtlandschaft fotografiert und so in seinen Bildern ein Istanbul bewahrt, das allmählich verschwindet.

Orhan Pamuk, geboren 1952 in Istanbul, ist Schriftsteller und Künstler. 2006 wurde er mit dem Literaturnobelpreis ausgezeichnet. Bis zu seinem 22. Lebensjahr wollte Pamuk Maler werden und wurde dazu von seiner Familie ermutigt. Wie er in seinem autobiographischen Essayband Istanbul (2003) beschreibt, fotografierte er in den 1960er und 1970er Jahren in den Straßen seiner Heimatstadt, um Vorlagen für seine Malerei zu entwickeln. Über sein frühes Bedürfnis zu fotografieren, erzählt er auch im Vorwort zur illustrierten Ausgabe von Istanbul (2017). Das Museum der Unschuld ist sowohl ein Roman, der 2008 erschien, als auch ein tatsächliches Museum, das Pamuk 2012 in Istanbul eröffnete. Es zeigt Objekte, Bilder und Fotografien, die im Roman behandelt werden. Das Museum der Unschuld wurde 2014 mit dem European Museum of the Year Award ausgezeichnet. Pamuk fotografiert mittlerweile seit fünfzig Jahren. Bei Steidl erschien 2018 sein Fotobuch Balkon.

Gerhard Steidl (*1950) gründete 1968 seinen eigenen Verlag und arbeitete als Drucker und Gestalter. Inzwischen veröffentlicht Steidl das größte Buchprogramm zeitgenössischer Fotografie weltweit (u.a. Joel Sternfeld, Bruce Davidson, Robert Frank, Robert Adams, Lewis Baltz, Dayanita Singh, Ed Ruscha, Roni Horn, Juergen Teller) und ein ambitioniertes Literaturprogramm (darunter Günter Grass, Halldór Laxness, Sebastian Barry, Colin Barrett, Maeve Brennan), er konzipiert und kuratiert internationale Ausstellungen, u.a. für Karl Lagerfeld und Robert Frank. Ob Mode, Kunst oder Literatur –Steidl geht es darum, die Ideen von Künstlern und Autoren umzusetzen – mit dem Anspruch, Buchkunst zu schaffen.

2019 wurde Steidl in die Liste der 200 most influential designers of the world aufgenommen und 2020 wird Steidl mit dem Gutenberg-Preis der Internationalen Gutenberg-Gesellschaft in Mainz e.V. und der Stadt Mainz ausgezeichnet und mit dem „Outstanding Contribution to Photography Award“ der Sony World Photography Awards 2020.


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